Newsletter Dez. 2024

AMICA in Kürze - Dezember 2024


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Unser Newsletter vom Dezember 2024
Liebe Freund*innen,

ein rastloses Jahr... Die Verwirrungen des weltpolitischen Gefüges sowie die Anfälligkeit der Demokratie bedrückten den Alltag. Mehr denn je: Wir müssen die innere Ruhe bewahren.

Die Arbeit mit unseren Partner*innen bescherte uns sorgenvolle, aber auch  intensive und solidarische Momente. Zwei gute Nachrichten wollen wir mit euch teilen: das Strahlen der Teilnehmerinnen aus der Ukraine bei unserem Workshop sowie eine lang erhoffte Vereinbarung mit dem bosnischen Gerichtshof. Mehr denn je: Erfreut euch bei der Lektüre.
Gleichzeitig blicken wir mit Sorgen auf die politische Entwicklung in vielen Ländern wie Libanon oder Libyen. Erkämpfte Rechte der Frauen werden sukzessiv gekappt und die Arbeit der NGOs eingeschränkt. Auch in Deutschland bereiten uns die folgenschweren Kürzungen im Bereich der humanitären Hilfe sowie die Haushaltssperre große Sorgen angesichts der internationalen Krisen und Kriege. Und dann noch die Verschiebung des Diskurses nach rechts sowie der offener geäußerte Antifeminismus. 2025 legen wir daher unseren Schwerpunkt auf die wachsenden Einschränkungen von Zivilgesellschaft in Deutschland und weltweit. Mehr denn je: Freut euch auf ein spannendes Programm hierzu das ganze Jahr  über und zögert nicht, eure Anregungen mit uns zu teilen!

Für den Moment wünschen wir euch mit unseren tollen Weihnachtskarten schöne und erholsame Feiertage. Mehr denn je: Schöpft Kraft und Liebe für euch, eure Liebsten und unsere gemeinsame Weltanschauung. Danke, dass ihr da seid!
Solidarische Grüße
Eure AMICA-Team
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LIBANON-SYRIEN

Zur aktuellen Lage (11.12.2024)
Diese Slides gehören unserer Instagram-Story vom 11.12.2024 an.



LIBANON

Umstellung auf Nothilfe seit Kriegsbeginn
Seit Ausbruch des Krieges im Libanon und angesichts der immensen Zahl flüchtender Menschen leistet unsere Partnerorganisation wichtige Nothilfe in der Bekaa-Ebene, wo sie bis dato ein Bildungszentrum für syrische Geflüchtete betrieb.
Foto: © Matilda Gattoni
Sukzessiv hat sie die regulären Angebote des Zentrums eingestellt und all ihre Ressourcen auf die akute Hilfe umgestellt. Die unübersichtliche Lage im Libanon und in Syrien (Stand: 11.12.24) ändert nichts am dringenden Bedarf an humanitärer Hilfe und psychosozialer Unterstützung. Unsere Partnerorganisation schildert den untersagten Zugang für syrische Geflüchteten zu den meisten offiziellen Aufnahmecamps, da libanesische Binnengeflüchtete Vorrang haben. Nach den Angaben unserer Partner*innen verbietet zudem ein Gesetz Privatpersonen und Organisationen, Syrer*innen Unterkunft anzubieten. Die humanitäre Lage der Zivilbevölkerung ist entsetzlich und die geflüchteten Menschen schutzlos.

Seit Jahren Repressionen gegen Geflüchtete aus Syrien
Im wirtschaftlich schwer gebeutelten Libanon, der seit 2011 über 1,5 Millionen geflüchtete Syrer*innen aufgenommen hat, berichtet unsere Partnerorganisation von Fremdenfeindlichkeit und diskriminierenden Maßnahmen, die der libanesische Staat schon vor dem Krieg ausgeübt habe: Mangels Arbeitserlaubnis sind viele Geflüchtete gezwungen, in abscheulichen Verhältnissen zu arbeiten – es wird zudem von Kinderarbeit und Ausbeutung berichtet.
Was wird derzeit gebraucht?
Der Winter verschärft die Lage zusätzlich. Die behelfsmäßigen Zelte und Hütten in den informellen Geflüchteten-Siedlungen bieten nicht ausreichend Schutz, den Menschen fehlt es am nötigsten. Unsere Partnerorganisation benötigt Spenden, um sie mit
  • Lebensmitteln
  • Winterkleidung
  • Hygieneartikeln, insbesondere für Frauen
  • Brennstoff für Heizungen
versorgen zu können. Mit ihrer Spende ermöglichen Sie die dringende Nothilfe vor Ort. Vielen herzlichen Dank!
Spendenkonto

Volksbank Freiburg
IBAN DE15 6809 0000 0002 1001 00
BIC GENODE61FR1



UKRAINE

Neue Perspektiven und starke Netzwerke: Workshop in Dnipro

„Es tut gut, für zwei Tage sicher zu sein, in Ruhe zu essen, ein richtiges Bett zu haben.“ Kristina lebt mitten im Kriegsgebiet im Osten der Ukraine. Sie ist eine der 18 Teilnehmerinnen des AMICA-Workshops für kleine Fraueninitiativen, der im November in der Region Dnipropetrowsk stattgefunden hat. Die Veranstaltung wurde von unserer Projektreferentin Natalia Schaaf online begleitet.
Fotos: Space for Change

Kristina organisiert seit 2022 Unterstützung für Frauen aus ihrem Dorf, die von Krieg und Gewalt betroffen sind. Im Workshop lernte sie alles, was sie braucht, damit aus ihrem Engagement eine nachhaltige Hilfestruktur entsteht. Im Mittelpunkt standen praxisnahe Themen wie kreative Projektentwicklung, die Nutzung der SAT-Analyse und Grundlagen des Antragschreibens. Das Ziel war, die Teilnehmerinnen für zukünftige Projekte zu stärken. Besonders spannend: Das Gelernte konnte direkt in einem Folgeprojekt von AMICA umgesetzt werden. Dank großzügiger Spenden bekam jede Initiative eine Anschubfinanzierung in Höhe von 1.000 Euro.
Manche Projekte wurden bereits während dieser Tage konkretisiert. So plant eine Initiative aus Krywyj Rih eine Aufklärungskampagne für Mütter, deren Söhne zum Kriegsdienst eingezogen werden könnten. Die rasch wechselnden und schwer verständlichen Gesetze sollen somit transparenter gemacht werden. Eine andere Gruppe möchte Mutter-Kind-Treffen organisieren und mit Puppenherstellung und Puppentheater die Kriegstraumata der Kinder aufarbeiten.
Inmitten von Krieg und Gewalt war dieser zweitägige Workshop eine Oase der Ruhe, der Vernetzung und der Freundschaft. Die Teilnehmerinnen konnten Kraft schöpfen. Am zweiten Morgen ergriff Angelina vor der Gruppe das Wort: „Gestern war ich die Stillste. Heute Morgen bin ich mutig und stark aufgewacht und spreche als Erste.“ Die wohltuende Atmosphäre gab den Frauen Selbstvertrauen und die Zuversicht, trotz der Schrecken des Krieges gemeinsam mit Freund*innen etwas auf die Beine stellen.
Die Veranstaltung endete mit Optimismus und Tatendrang. „Normalerweise sind Abschiede immer traurig“, so Natalia, „doch diesmal wissen wir: Es ist erst der Anfang für viele großartige Projekte und eine starke Zusammenarbeit.“
„Von Frauen wird traditionell erwartet, dass sie am Herd stehen. Unsere Teilnehmerinnen haben ihre Familien dazu gebracht, drei Tage ohne sie klarzukommen. Sie können stolz sein, das haben sie sich verdient“.
Natalia Schaaf, Projektreferentin bei AMICA
 



BOSNIEN UND HERZEGOWINA

Psychologische Unterstützung langfristig gesichert
Am 03. Dezember 2024 hat unsere Partnerorganisation FLD eine wichtige Vereinbarung mit dem Gerichtshof von Bosnien und Herzegowina unterschrieben.
Foto: FLD/Court of Bosnia and Herzegowina
Darin verpflichtet sich das Gericht langfristig, alle Fälle von sexualisierter Kriegsgewalt automatisch an FLD weiterzuleiten. Somit kann die erfahrene Organisation die betroffenen Frauen vor, während und nach dem Prozess sowohl rechtlich als auch psychologisch begleiten.

Schon 2023 hatte sich FLD mit Frauenhorizonte für einen Ideenaustausch in Freiburg getroffen. Außerdem hat die Psychologin, die FLD für die Betreuung gewinnen konnte, bereits jahrelang Zeuginnen bei den bosnischen Gerichten begleitet. Diese wertvolle Erfahrung ermöglicht eine professionelle und sensible Arbeit mit den Überlebenden.
„Mit der Unterzeichnung dieser Vereinbarung haben wir eine Basis für eine einvernehmliche, langfristige und strukturierte Kooperation geschaffen. Die weiblichen Opfer vom Krieg, insbesondere die Überlebenden sexualisierter Kriegsgewalt, werden jetzt eine einfühlsamere Betreuung erhalten, auch nach ihrer Zeugenaussage und nach Abschluss der Prozesse“.
Jasmina Mujezinović, Geschäftsführerin von FLD
Somit wurde unser gemeinsames Projektziel erreicht, nämlich Frauen, die von sexualisierter (Kriegs-)Gewalt betroffen wurden, langfristig zu unterstützen. Unabhängig vom Prozessausgang.



LIBYEN

Libysche Frauen kämpfen gegen neue diskriminierende Gesetze
In Libyen verschlechtert sich die Situation von Frauen rasant, weitere diskriminierende und verfassungswidrige Gesetze wurden nun angekündigt.

Die Gesetzesentwürfe der westlibyschen Regierung sehen vor: ein Hijab-Zwang ab dem Alter von 9 Jahren, die Begrenzung der sozialen Interaktion von Frauen, die jederzeit überall kontrolliert und verhaftet werden können, falls sie mit nicht-verwandten Männern unterwegs sind, sowie die Einschränkung deren Bewegungsfreiheit mit der Einführung des „Guardianships“, der sie zwingt, eine Genehmigung von ihren Vätern/Ehemännern vor jeder Reise, auch innerhalb des Landes, einzuholen.
AMICA-Referentin Britta Wasserloos fürchtet, dass diese Maßnahmen erst der Anfang sein werden. Staatliche Repressionen, willkürliche Verhaftungen und Arbeitsverbote für zivilgesellschaftliche Organisationen – all das könnte folgen.

Foto: AMICA e.V.
Internationale Organisationen wie Amnesty International äußern scharfe Kritik und erklären die geplanten Gesetzesänderungen als verfassungswidrig. Am libyschen Gerichtshof liegen bereits Klagen gegen den Innenminister vor.

Schon jetzt sind Frauen in Libyen verhängnisvollen Konsequenzen der neuen Pläne ausgesetzt: Auch wenn die Gesetze noch nicht gelten, schüren sie bereits Angst und Lynchjustiz in der Gesellschaft. Viele Männer fühlen sich durch die Pläne ermutigt, Frauen auf öffentlicher Straße zurechtzuweisen und zu denunzieren.



NACHLESE

Über die Aufklärung geschlechtsspezifischer Gewalt in Bosnien und Herzegowina und der Ukraine
 
Bei unserem Podium sind die AMICA-Referentinnen Marlene Weck und Britta Wasserloos, Expertinnen für Bosnien/Ukraine, sowie der Oberstaatsanwalt Klaus Hoffmann, Experte für die juristische Aufarbeitung von Kriegsgewalt, die Frage nach Gerechtigkeit nachgegangen. Der Austausch machte deutlich, wie grundlegend eine traumasensible Gestaltung der Gerichte und die Anerkennung der Geschichte der Überlebenden sind, um den Wiederaufbau der Gesellschaft zu ermöglichen.
Fotos: AMICA e.V.
Unten von links: B. Wasserloos, K. Hoffmann, M. Weck, Prof. Dr. Neutatz und Reinhild Dettmer-Finke

Auf Anfrage der ukrainischen Generalanwaltschaft war Klaus Hoffmann 2 Jahre lang vor Ort, um bei der Ermittlung und Aufklärung von Kriegsverbrechen zu beraten. Schulungen wurden durchgeführt, eine Sonderabteilung zu sexualisierter Kriegsgewalt in Kiew geschaffen. „Man kann aus Fehlern der Vergangenheit lernen“, so Hoffmann, der 2005 am UN-Tribunal zur Verfolgung von Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien ermittelte. „Die Gerichte müssen zur Thematik der sexualisierten (Kriegs-)Gewalt sensibilisiert werden, da diese nicht Teil der juristischen Ausbildung ist. In Deutschland übrigens auch nicht.“ Die wiederholten Vernehmungen eines Opfers führen zu Retraumatisierungen. Was Marlene Weck mit Beispielen aus Bosnien und Herzegowina bestätigt: AMICA begleitet seit über 30 Jahren Frauen, die während des Krieges teils von mehreren Männern vergewaltigt worden sind. Jedes Verfahren reaktiviere das Trauma.
„Warum ist es einer Zeugin nicht erlaubt vor Gericht alles zu erzählen, was sie weiß? Warum darf sie nur zu einem spezifischen Ereignis und bestimmten Angeklagten sprechen? Warum ist es erlaubt, die Opfer immer wieder der Gefahr einer neuen Retraumatisierung auszusetzen, jedes Mal, wenn ein neuer Angeklagter vor Gericht steht?“
Amela Međuselja, von der bosnischen Partnerorganisation Association Women Victims of War
 
Eine einzige Vernehmung durch den oder die Richter*in aufzunehmen, damit sie später als Beweismittel für weitere Prozesse verwendet wird, sei derzeit Thema in der Ukraine. Und eine Datenbank mit all diesen Aussagen könnte als Grundlage für die Arbeit der Staatsanwaltschaft dienen.

Heute bietet AMICA den Überlebenden in Bosnien eine ganzheitliche Begleitung vor und nach einem Prozess an, auch im Sinne eines Empowerments für deren Zukunft. Die Arbeit der NGOs sei essenziell, so Klaus Hoffmann. Am Beispiel der Ukraine erzählt er vom Misstrauen der Menschen gegenüber Institutionen: viele Überlebende kämen nur über den Umweg einer NGO – und dies sei ausschlaggebend für die äußerst wichtige Dokumentation der sexualisierten Kriegsgewalt. Allerdings werde die Thematik der steigenden häuslichen Gewalt im Kriegskontext nicht verfolgt, merkt Britta Wasserloos an.

Ist es möglich, die Gerechtigkeit wieder erstellen?
Alle sind sich einig: die Suche nach Gerechtigkeit brauche einen „langen Atem“. Die Anerkennung des Leids, für Betroffene aber auch für eine gesamte Gesellschaft, sei grundlegend. Das Bewusstsein um diese Eckpunkte sowie die Kooperation zwischen der Justiz und der zivilgesellschaftlichen Organisationen, die die Traumata im Einzelnen sehen, sind daher unentbehrlich. Mustermodelle gäbe es nicht, der geschichtliche und kulturelle Kontext sei entscheidend. Viele Überlebenden wollen, dass ihre Geschichte von der Gesellschaft anerkannt wird. Letztlich, fügt Klaus Hoffmann hinzu, sei die Aufgabe der Justiz eine dokumentarische Grundlage vom Geschehen zu schaffen, für die Zukunft und für den Wiederaufbau der Gesellschaft. Und die AMICAs ist, die einzelnen Überlebenden zu ermächtigen.



KARTENDRUCK

Wintermarkt in der Fabrik
Am 07. Dezember 2024 fand der Wintermarkt im Hof der Fabrik statt. Bei dem AMICA-Stand konnten Besucher*innen Weihnachtskarten gegen einer kleinen Spende selber drucken. Sie hatten viel Spaß daran. Vielen herzlichen Dank an Eva Kehayova, unsere äußerst kreative Ehrenamtliche, die den wunderschönen Stempel entworfen und erstellt hat!

Diese inspirierenden Unikate könnt Ihr bei AMICA gegen Spende bekommen: hier geht es zum Shop.
 



TERMINE
Unsere nächsten Veranstaltungen
Treffen | AMICA Café

Mittwoch, 08.01.2025
ab 18 Uhr
Ort: Strandcafe
https://eu2.cleverreach.com//admin/mailing/

Wir laden Euch herzlich zum nächsten AMICA-Café ein, unserer Veranstaltungsreihe mit lockerem Austausch für alle Interessierte. Zu Gast beim AMICA Café ist diesmal Dr. Andrea Zimmermann, AMICA Vorstand und Lehrbeauftragte im Fachbereich Gender Studies. Mit ihr werden wir ein Gespräch zum Thema sexualisierte Gewalt führen. 

Interessiert, neugierig oder schon AMICA-Freund*in? Ihr seid alle herzlich eingeladen, vorbeizuschauen, einen Drink an der Theke zu holen und euch mit uns auszutauschen. Wir beantworten alle Fragen rund um unsere Arbeit für und mit Frauen in Kriegs- und Krisenregionen.

Wir freuen uns sehr auf den Austausch und hoffen viele von Euch dort zu sehen!



Treffen | AMICA Café

Mittwoch, 05.02.2025
ab 18 Uhr
Ort: Strandcafe
https://eu2.cleverreach.com//admin/mailing/

Wir treffen uns ab 18 Uhr und laden alle AMICA-Freund*innen, Interessierte und Neugierige dazu ein, vorbeizuschauen, sich einen Drink an der Theke zu holen und sich mit uns auszutauschen. Wir beantworten alle Fragen rund um unsere Arbeit für und mit Frauen in Kriegs- und Krisenregionen.

Wir freuen uns sehr auf den Austausch und hoffen viele von Euch dort zu sehen!



Save the date!
Vortrag | Online-Vortrag zum Thema Antifeminismus

Mittwoch, 12.03.25 abends (genaue Uhrzeit folgt)
Mit der Soziologin Rebekka Blum

Online: Anmeldung über office[at]amica-ev.org
Der Zugangslink wird zeitnah verschickt.
https://eu2.cleverreach.com//admin/mailing/
Weitere Infos folgen.



Das Veranstaltungsprogramm für 2025 ist noch in der Vorbereitungsphase und wird nach und nach vorgestellt.



Solidarität kennt viele Wege.
Finde deinen!
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